Synonym
für den Sodasiphon in Deutschland war über Jahrzehnte
hinweg der Heimsyphon, der vom gleichnamigen Unternehmen in Berlin,
später Solingen, hergestellt wurde.
Seit 1920
baute und vertrieb die Firma Sparklets Ltd. in England sehr erfolgreich
ihren gleichnamigen Sodaspender. Fortan sollte auch der so wichtige
deutsche Markt für diese "Neuheit" erschlossen
werden. So kam es, dass ein gewisser Herr Hinz, der Vater des
späteren HEIMSYPHON-Gründers, Mitte der zwanziger Jahre
die Vertriebsrechte der Sparklets Siphons und Kohlensäure-Kapseln
für Deutschland übernahm.
Nach kurzer Zeit begann in Berlin die Fertigung baugleicher Geräte
und man taufte das Produkt "HEIMSYPHON" - eine Legende
war geboren.
Soweit heute
noch bekannt, beschränkte sich das Fertigungsprogramm der
Berliner "HEIMSYPHON G.m.b.H." - inzwischen unter der
Leitung von Karl Hinz - auf einige wenige Modelle, die sich durch
die unterschiedlichen Formen der Metall-Ummantelung des gläsernen
Flaschenkörpers unterschieden.
Die Geschäfte
liefen gut, bis die Firma bei einem der Luftangriffe im zweiten
Weltkrieg vollständig ausgebombt wurde. Dabei wurden sämtliche
Unterlagen, Roh- und Hilfsstoffe, Produktionsanlagen und Lagerbestände
mit Ausnahme der Flaschenkörper aus Glas (s.u.) zerstört.
Abb.
1 Das alte Klingelschild
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Nach Ende des Krieges wagt
Hinz in Solingen, der Heimatstadt seiner Ehefrau, einen
Neuanfang. Fortan produziert die Einzelfirma unter dem
Namen "HEIMSYPHON KARL HINZ".
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Die Produktion beginnt
etwa 1948 unter einfachen Bedingungen in einer Art "Schuppen"
im Hof des Anwesens mit dem legendären Modell "A".
Die Form der Flasche aus Aluminium geht auf eine von
Sparklets 1937/38 patentierte Grundform zurück
und weist als einfachstes Erkennungsmerkmal zwei schmale
Streifen in der oberen und einen breiteren in der unteren
Hälfte auf. Die sich nach unten verjüngende
Form hat ihren Sinn, denn die Aluminiumflasche findet
so problemlos Platz in den Türen der Kühlschränke.
Neben dieser kompletten Neuentwicklung verarbeitet Hinz
die aus Berlin "geretteten" alten Glasflaschen
mit Metallnetz und verkauft sie, mit dem jeweils aktuellen
Kopf, als "Modell C" noch bis 1964.
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Abb.
2 Der neue Standort in einer alten Villa trägt die
Adresse: Wittkuller Straße 51 in Solingen-Wald.
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Abb.
3 Der Eingang |
Abb.
4 Das Tor zum Werksgelände
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Der HEIMSYPHON
verkauft sich sehr erfolgreich und schon bald ist das Produktionsgelände
viel zu klein. Zu dieser Zeit besitzt die Firma Ern, ein alteingesessener
Besteck-Hersteller, große Grundstücke im Stadtteil
Wald. Hinz kauft die Flächen, die in unmittelbarer Nähe
der Wittkuller Straße liegen und beginnt ab 1951 mit einem
beeindruckenden, mehrere Gebäude umfassenden Neubau in der
Mittelitterstraße. Der Komplex umfasst neben einer Lackiererei,
Werkstätten und Endmontagestationen mehrere unterirdische
Kapselstraßen, auf denen die CO2- und N2O-Tausch- und Einweg-Kapseln
abgefüllt werden.
Soweit heute
bekannt, bedient sich die Firma einer Reihe von Zulieferern, die
für die Produktion sämtlicher "Baugruppen"
wie Flaschen-Vorzüge, Köpfe etc doppelt verpflichtet
wurden, um Lieferengpässe des einen Herstellers durch Ersatzlieferungen
eines zweiten abzufangen.
1965 lässt
Karl Hinz den später errichteten Komplex durch einen Anbau
wiederum erweitern. Das Gebäude Wittkuller Straße 51
wird inzwischen durch den Pförtner bewohnt.
1968 verkauft
Hinz sein Unternehmen aus Altersgründen und mangels Nachfolgers
an die British Oxygen Company (BOC), zu der seit 1918 auch die
Firma Sparklets gehört. Fortan firmiert man unter "HEIMSYPHON
Zweigniederlassung der BOC Deutschland GmbH", später
nur noch "HEIMSYPHON GmbH". Nach Einstellung der Sparklets-Produktion
in England werden die weltweiten Marken- und Vertriebsrechte von
Sparklets übernommen.
Karl Hinz
zieht nach Hamburg und nimmt die Rechte an den Patenten insbesondere
für das Sahnegerät "Sahnefix" mit Vollmetall-Kopf
in der Absicht, diese an BOC zu verkaufen mit. Das Vorhaben scheitert
jedoch, denn die Solinger HEIMSYPHON nimmt Eigenentwicklungen
vor (z. B. "Sahnefix 71") und ist somit nicht auf die
alten Konstruktionen angewiesen.
Im Laufe der
siebziger Jahre erweitert die Firma ihre Produktionspalette und
avanciert zum "General-Ausrüster" im Bereich "Party-
und Haushaltszubehör" - ja, sogar Longdrink-Konzentrate
werden unter dem Namen "HEIMSYPHON Mixer-Drink" erfolgreich
vermarktet.
Durch die
starke Verbreitung der günstigen 0,7-Liter-Mineralwasser-Abfüllungen
der Getränkeindustrie kommt der Sodasiphon im Laufe der 80-er
Jahre jedoch langsam aber sicher aus der Mode.
1989 wird
der Betrieb von BOC an die österreichische International
Siphon Industry (isi-Gruppe), dem weltweit größten
Hersteller und Vertreiber für Sodasiphons, Schlagsahnebereiter
und die dafür benötigten Kapseln verkauft. Das Traditionsunternehmen
aus Österreich, bei dem die Syphonherstellung bis in das
Jahr 1811 zurückreicht, überträgt seiner neuen
deutschen Tochter dadurch den Alleinvertrieb für Deutschland.
Heute ist
die iSi Deutschland GmbH (www.isideutschland.de)
ein reines Handelshaus. Die Konzernzentrale ist im Internet unter
folgender URL erreichbar: www.isi-group.com
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Abb.
5 Telefonkarte mit Werbung für die isi Heimsyphon GmbH
(das Exemplar stammt aus den 90er Jahren) |
Der "Original
HEIMSYPHON" ist mittlerweile ein begehrtes Lifestyle-Objekt
und erfreut sich aufgrund seiner Modell- und Farbvielfalt nicht
nur bei Sammlern einer großen Beliebtheit.
© 2002
Stefan Schmaus und Olli Bartelt